Futter
für Europäische Landschildkröten und Steppenschildkröten:
Im natürlichen Lebensraum ernähren sich die Schildkröten von Kräutern, Gräsern, Sukkulenten und Blattwerk von Büschen und Bäumen. Diese Pflanzen haben wenig Kalorien, sind reich an Mineralien, Spurenelementen und Ballaststoffen. Das hervorragende Kalzium/Phosphor- Verhältnis trägt dazu bei das die Schildkröten ausreichend Kalk in Knochen und Panzer einlagern können und somit einen festen, gesunden Knochen- und Panzerbau aufweisen. Langsam gewachsene und ältere Pflanzen besitzen einen höheren Fasergehalt und sind aufgrund des Aufbaus des Verdauungssystems der Tiere besser geeignet als zarte, junge Sprosse. Die harten Bestandteile der Pflanzen fungieren u.a. als mechanische Verdauungshilfe und beeinflussen die Darmflora maßgebend. Der Kot der Schildkröte ist bei richtiger, faserstoffreicher Fütterung fest und mit unverdauten Bestandteilen von Gräsern und anderer harter Pflanzenteile durchsetzt. Lediglich im Frühjahr und mit der einsetzenden Regenzeit im Herbst stehen den Europäischen Landschildkröten in den Habitaten über längere Zeit frische Triebe zur Verfügung. Dies sollte bei der Fütterung nicht außer acht gelassen werden.
Schildkröten haben Vorlieben für bestimmte-, ihnen am Besten schmeckende Pflanzen. Diese können von Art zu Art, ja Regionalform zu Regionalform und sogar Tier zu Tier innerhalb einer Population abweichen. Im laufe des Jahres wechseln diese Lieblingspflanzen auch. Ursachen hierfür sind wohl in erster Linie die sich in der Pflanze verändernten Inhaltsstoffe und der Wassergehalt in den Pflanzenzellen. Z.B. bilden Hahnenfußgewächse mit der Blütenbildung Giftstoffe aus, andererseits passiert es das bei einigen Pflanzen welche einen sehr hohen Bitterstoffgehalt besitzen die Konzentration dieses Gehaltes durch jahreszeitlich bedingten Feuchtigkeitsentzug stark steigt, so daß die Schildkröten diese Pflanzen in dieser Zeit nicht mehr als Futter akzeptieren.
hier die Lieblings-Futterpflanzen meiner Schildkröten:
Löwenzahn, Kompaßlattich, Gänsedistel, Breit- und Spitzwegerich, Klatschmohn, Wicken, Weg- und Wilde Malve, Weißklee, Acker- und Zaunwinde
Auf Grund verschiedener Untersuchungen von Schildkröten aufgenommener Futterpflanzen wurden immer wieder zumeist nur wenige Pflanzenarten gefunden obwohl im Habitat eine wesentlich höhere Artenvielfalt enthalten war. Auch in unserer Gefangenschaftshaltung haben die Tiere Lieblingsfutterpflanzen.
Neben pflanzlicher Nahrung werden in den Habitaten aber auch gelegentlich wirbellose Tiere wie verschiedene Nackt- und Gehäuseschnecken, Käfer, Würmer aber auch Kot und Aas von Wirbeltieren, Eierschalen und Steine (zB Kalk) als Futter genommen. Das Europäische Landschildkröten reine Pflanzenfresser sind kann man also so nicht sagen. Die tierischen Nahrungsmittel enthalten Mineralien und Vitamine. In der Gefangenschaftshaltung sollte man aber darauf achten den Schildkröten nicht permanent tierisches Eiweiß zur Verfügung steht.
Besteht die Nahrung aus ungeeigneten Futter wie Obst (auch Tomate und Paprika), ein zuviel an tierischer Nahrung oder den häufig im Zoohandel angebotenen Pellets, welche häufig Getreidenebenerzeugnisse und zuviel tierisches Eiweiß enthalten, kommt es unweigerlich zu Erkrankungen des Verdauungstraktes, des Knochen- und Hornpanzerbaues (Rachitis), Gicht und Schädigungen weiterer Innerer Organe. Dies führt letztendlich zu einen qualvollen, langsamen Tod des Tieres.
Gemäß der jahreszeitlichen Entwicklung der Futterpflanzen in den Biotopen der Schildkröten richten wir uns auch bei der Fütterung hiernach. Vom Frühling, bis Sommer werden grüne Pflanzenteile gefüttert, welche zum Hochsommer hin mit Kräuterheu durchsetzt sind. In den Monaten Juli und August sollte der Anteil getrockneter Pflanzen den Großteil der Nahrung ausmachen. Im September und Oktober, wenn in den Biotopen wieder frisches Grün zu finden ist richten wir uns bei der Fütterung auch danach.
Beschaffenheit des Futters im jahreszeitlichen Verlauf in den Biotopen
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März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sep. Okt.
___ frisches Grün ___ faserreich, weniger saftig ___ faserreiche,trocken
Bei der Wahl der Menge des Futters sollte man (besonders bei Jungtieren) meines Erachtens Fingerspitzengefühl walten lassen. Viele Halter bieten den Tieren ganzjährig eine reich gedeckte grüne Futterwiese mit zum Teil sehr gehaltvollen Futterpflanzen an. In meinen Gehegen stehen ab ca. Ende Mai zum Großteil nur noch Gräser und ungiftige Futterpflanzen welche wenig gehaltvoll und nicht so gerne gefressen werden zur Verfügung. Die begehrten Pflanzen, welche in milden Wintertagen und zeitigem Frühjahr nachgewachsen waren sind zu diesem Zeitpunkt von den Schildkröten abgefressen wurden. Alle 2 bis 3 Tage verteile ich dann möglichst faserreiche, im Sommer auch trockene- Futterpflanzen im Gehege. Meinen Erfahrungen nach wachsen die Kleinen nur so schön langsam auf was dem natürlichen Wachstum sehr Nahe kommt. Das Gewicht der Tiere sollte langsam aber stetig zunehmen.
Da unsere Futterpflanzen das an den heimatlichen Standorten vorgefundene Kalzium/Phosphor- Verhältnis, in Verbindung mit sehr hohem Faseranteil nur selten erreichen werden, ist eine zusätzliche Gabe von Kalzium notwendig. Dies können wir z.B. durch das einbringen von Sepiaschale (Tintenfisch-Schulp), Seealgengrit oder gekochten Eierschalen separat zum Futter machen. Sepiaschale ist u.a. in der Vogelabteilung des Zoofachhandels oder diversen Online-Futtermittelshops erhältlich. Ich gebe Kalk immer getrennt vom Futter. Eierschale wird in einer separaten Schale gereicht, Sepiaschale im Ganzen an verschiedenen Stellen des Gehege verteilt. Es kommt vor das der Tintenfisch-Schulp Wochenlang nicht beachtet wird und dann binnen kurzer Zeit aufgefressen ist. Bitte achtet darauf das keine Materialien wie Styrodur, Styropor, Folien und andere Ähnliche für die Schildkröten erreichbar sind da diese evt. als Futter akzeptiert und gefressen werden. Verstopfungen im Verdauungstrakt mit tötlichem Ausgang wären die Folge. Eine Zusätzliche Gabe von Vitaminen ist bei wie zuvor beschriebener Fütterung nicht notwendig und kann bei Überdosierung sogar schaden. Es ist nahezu unmöglich eine genaue Dosierung festzulegen und bei einem zuviel an Vitaminen können schwere Erkrankungen wie Vitaminvergiftungen ausgelöst werden. Es sind unzählige Todesfälle bekannt geworden weil nicht Schildkrötenerfahrene Tierärzte Schildkröten z.B. Vitamin A Spritzen verpaßt haben.
Hier eine Auswahl an geeigneten Futterpflanzen. Für Säugetiere sind einige der aufgezählten Arten giftig!
Ackerhellerkraut, Stiefmütterchen, Ackerwinde, Akelei, Bibernelle, Breitwegerich, Brennessel ", Labkraut, Erdbeerblätter, Ferkelkraut, Fetthenne*, Fingerkraut, Franzosenkraut, Gänsedistel, Gartenschaumkraut, Giersch, Habichtskraut, Herbstlöwenzahn, Hirtentäschel, Hopfen, Huflattich, Hungerblümchen, Johannesbeerblätte, Johanniskraut, Kamille, Kapuzinerkresse, Mohn, Klee" , Knoblauchrauke, Kompasslattich, Mauerlattich, Mittlerer Wegerich, Leinkraut, Leimkraut, Lichtnelke, Löwenzahn, Lungenkraut, Magarite, Malve, Nachtkerze, Platterbse, Ringelblume, Schafgarbe, Spitzwegerich, Sternmiere, Storchschnabel, Taubnessel, Veilchen, Vergißmeinicht, Vogelknöterrich, Vogelmiere, Walderdbeerblätter, Wegwarte, Wicke, Wiesenknopf, Wiesenlabkraut, Wiesenschaumkraut, Wilde Möhre, Ziest
Blätter und Blüten von Sträuchern und Bäumen kann man auch hin und wieder anbieten. Hier eine kleine Zusammenstellung.
Apfelblätter/Blüten, Birnenblätter/Blüten, Brombeerblätter, Eibisch,echter Blätter/Blüten, Haselnußblätter, Hibiscusblätter/Blüten Himbeerblätter, Johannisbeerblätter, Kirschblätter/Blüten, Magnolien Blätter/Blüten, Rosenblätter/Blüten, Weinblätter*
* enthält Oxalsäure, welche der Aufnahme von Kalzium in die Knochen entgegenwirkt
" sehr Eiweißreich-sparsam füttern
Bei der Fütterung von Schildkröten gilt: Abwechslungsreich, Kalziumreich, Faserstoffreich!!!
Ungeeignete und giftige Pflanzen
Auf unseren Wiesen und in unseren Wäldern gedeihen neben den freßbaren - auch giftige und ungeeignete Pflanzen. Grundsätzlich gilt, nur die Pflanzen füttern, welche bekannt und natürlich auch fressbar sind. In der Regel fressen Schildkröten zwar keine giftigen Pflanzen, aber ausschließen kann man das nicht. Mir sind vom hören, sagen einige Fälle mit tödlichen Ausgang bekannt. Im Erfurter Zoopark sollen Spornschildkröten durch die Aufnahme von Nadeln (Nadelbaum) verendet sein. Auch sind Schildkröten nach dem Verzehr von Eibe und Efeu schon gestorben. Sehr häufig trifft man Giftpflanzen in Sumpfgebieten an.
Hier einmal eine kleine Auswahl an Giftpflanzen:
Ackerschachtelhalm, Aronstab, Adlerfarn, Adonisröschen, Alpenveilchen, Bilsenkraut, Blaustern, Buchsbaum, Buschwindröschen, Christusdorn, Diefenbachie, Eibe, Efeu, Eisenhut, Eidechsenwurz, Engelstrompete, Fensterblatt, Ficus-Arten (Gummibäume), Fingerhut, Forsythia, Geißblatt, Germer, weißer, Goldregen, Hahnenfuß, scharfer, Herbstzeitlose, Hundspetersilie, Hyazinthe, Kartoffel (grüne Teile), Kirschlorbeer, Krokus, Küchenschelle, Lupine, falsche, Maiglöckchen, Märzenbecher, Nachtschatten, schwarzer, Narzisse, Nieswurz, Oleander, Pestwurz, Pfaffenhütchen, Pfingstrose, Riesen-Bärenklau, Rittersporn, Robinie, Schierling, Schneeball, Schwalbenwurz, Schwetlilie, Salomonensiegel, Schneeglöckchen, Schöllkraut, Seidelbast, Thuja, Tollkirsche, Tomate (grüne Teile), Trollblume, Tulpe, Wasserschierling, Weihnachtsstern, Wolfsmilch
Auch in den Biotopen der Schildkröten sind Giftpflanzen anzutreffen. Zum Beispiel ist der Zwegginster in einigen Habitaten als Charakterpflanze sehr häufig. Es wird berichtet das Schildkröten die gelben Blüten dieser Art in den Biotopen als Nahrung aufnehmen. Euphorbia milli, der Christusdorn wird in seiner südafrikanischen Heimat auch schon einmal von Schildkröten gezupft. Was für Säuger giftig ist, muß für Schildkröten nicht zutreffen. Aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.
Als ungeeignete Pflanzen würde ich solche bezeichnen welche gefressen werden, aber für die Ernährung eher schädlich sind . Wenn Diese nur gelegentlich in Maßen als Futter gegeben wird, werden sich daraus keine negativen Folgen zeigen. Auch in den Habitaten der Schildkröten sind u.a. Oxalsäurehaltige- und Senfölglykosidehaltige- Pflanzen anzutreffen und werden auch von den Schildkröten gefressen.
Pflanzen welche eine hohe Dosis Oxalsäure oder Senfölglykoside enthalten
Pflanzen welche einen hohen Oxalsäurewert aufweisen, sollten, auch wenn die Tiere sie sehr gern fressen, eher selten gefüttert werden. Die Oxalsäure wirkt der Einlagerung von Kalk in den Knochenbau entgegen was wiederum zu Rachites führen kann.Sicher, es gibt auch im Biotop der Tiere solche Pflanzen, aber eben auch ein vielseitiges Angebot an Kräutern und Blättern mit hervorragendem Kalzium/Phosphor-Verhältniss. Die Tiere haben sich über Millionen von Jahren an die heimatlichen Verhältnisse, auch hinsichtlich der Futterpflanzen, angepaßt. In unsere Gehege können wir nie ein solches Habitat 1:1 übertragen.
Pflanzen mit hohem Oxalsäurewerten sind z.B. Sauerklee, Sauerampfer, Sedum- (Mauerpfeffer, Fetthenne usw) und Sempervivumarten (Hauswurz).
Auch Pflanzen welche Senfölglykoside enthalten sind für die Ernährung unserer Tiere nicht sonderlich geeignet. Hier gilt, nur sehr selten verfüttern.In der Regel werden die meisten dieser Pflanzen sehr gerne als Nahrung aufgenommen.
Pflanzen welche Senfölglykoside enthalten sind z.B. Ackersenf, Gartenkresse, Kohlrabi, Kohl im allgemeinen, Petersilie, Radieschen, Schnittlauch und Wirsing.
Kultivierte Pflanzen
Kultiviertes Obst sollte man auf Grund seiner Inhaltsstoffe, vornehmlich dem hohen Fruchtzuckeranteil, gar nicht verfüttern. Kultivierte Salate und einige wenige kultivierte Gemüsepflanzen kann man in der kalten Jahreszeit winterwachen Schildkrötenarten in Maßen zufüttern. Salate werden sehr gerne gefressen, haben aber ein eher schlechtes Kalzium/Phosphorverhältnis und kaum Faserstoffe. Deshalb bei Salatfütterung immer auch getrocknete Wiesenpflanzen (Wiesenpflanzenheu) mit verabreichen. Entweder trocknet man diese im Sommer selber und lagert sie dann trocken z.B. in Leinenbeuteln oder Jutesäcken oder man erwirbt sie im Zoofachhandel oder Internet-Futtershops. Grasheu wird nur von wenigen Schildkrötenarten z.B. Spornschildkröten als Futter akzeptiert. Neben den verschiedenen gängigen Salaten wie z.B. Romanasalat (Lattuga), Eichblattsalat, Kopfsalat, Eisbergsalat oder Feldsalat welche Zuchtformen vom Lattich sind, auch Möhren (gegebenenfalls geraspelt), Pastinaken, Ruccola, Radicchio, Blattzichorie (Catalogna) und Endivien als Futter recht gut geeignet. Letztere 3 sind Züchtungen welche die Wegwarte als Urform haben und somit auch zu den Zichorien zählen. Der häufig für Catalogna verwendete Begriff Riesenlöwenzahn ist somit totaler Nonsens. Die meisten unserer Salate sind Zuchtformen unseres Stachelllattichs (Kompaßlattich). Entgegen der Meinung das bestimmte kultivierte Salate besser zur Fütterung geeignet wären als Andere bin ich der Meinung das dies nicht so ist da diese Kultivare ähnliche Zusammensetzungen von Mineralstoffen, Nährstoffen und Vitaminen besitzen. Kohl hat zwar kein so schlechtes Kalzium/Phosphor Verhältnis, sollte aber auf Grund seiner Bestandteile (z.B.Senfölglykoside) lieber nicht oder selten gefüttert werden, genauso Spinat, Mangold, rote Rüben, Petersilie u.a. welche einen hohen Oxalsäureanteil aufweisen.
Spornschildkröten (Centrochelys sulcata)
erhalten im Grunde genommen das gleiche Futter wie Europäische Landschildkröten wobei der Anteil an Gräsern aber durchaus ca. 75% der Nahrung ausmachen sollte. Das Futter von Oktober bis Mai besteht hauptsächlich aus Grasheu mit einem Anteil getrockneter Kräuter. Zur Versorgung mit Vitaminen gebe ich im Winterhalbjahr alle 2 bis 3 Tage Salate ( z.B. Endivie, Radicchio, Latuga, Feldsalat, Romanasalat, Ruccola) aber auch Raps dazu.
Der jahreszeitliche Verlauf der Beschaffenheit des Futters ist aufgrund der heimatlichen Regenzeit in den Sommermonaten ein ganz anderer als der von den Europäischen Landschildkröten.
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Jan. Feb. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sep. Okt. Nov. Dez.
__ frische grüne Pflanzen __ faserreiche, ältere Pflanzen __ faserreiche, getrocknete Pflanzen